GOT Erhöhung

GOT – Erhöhung: Chance zur Überprüfung der Preisgestaltung

Neue Verordnung zur GOT

Der Bundesrat hat am 07.07.2017 die Dritte Verordnung zur Änderung der Tierärztegebührenordnung beschlossen (Drucksache 499/17 Beschluss).  Diese Verordnung zur GOT (Gebührenordnung für Tierärzte) wurde am 26.07.2017  im Bundesgesetzblatt veröffentlicht . Damit wird der 1-fache Gebührensatz pauschal um 12% erhöht. Die Gebührensätze für die Beratung von Nutztierhaltern im Rahmen der Bestandsbetreuung werden um 30% erhöht.

Notwendigkeit für Erhöhung des Preisniveaus

Für unsere Branche ist dies eine sehr gute Gelegenheit, das Preisniveau zu erhöhen. Nur so können wir die Voraussetzungen für eine Zukunft mit flächendeckender tierärztlicher Versorgung (inkl. Notdienst) zu schaffen: Im Moment werden viele angestellte und selbstständige Tierärzte nicht angemessen vergütet, wie eine neue Untersuchung von Johanna Kersebohm zeigt.  Dies geht so weit, dass 14,3% der befragten angestellten Tierärzte weniger pro Stunde verdienen, als es vom Mindestlohngesetz vorgeschrieben wird. Mit diesem Lohnniveau finden sich auch jetzt schon immer weniger junge Tierärzte, die sich am Notdienst beteiligen wollen.

Sicherung Notdienst

Folglich muss mehr Geld in den Topf! Sonst ist es aus meiner Sicht nicht machbar, einen auf die Tierart spezialisierten und flächendeckenden Notdienstes sicher zu stellen. Damit ist für mich die Erhöhung des Preisniveaus direkt verbunden mit unserer Aufgabe, im Sinne des Tierschutzes Leiden und Krankheiten von Tieren zu lindern und zu heilen. Ein Anstieg der Preise sollte deshalb das Ziel für die Bundestierärztekammer, den bpt und alle praktizierenden Tierärzte sein – nicht nur der Praxisinhaber, die angestellte Tierärzte beschäftigen.

Herausforderung für Tierärzte

Diese Herausforderung wird vielen Kollegen nicht leicht fallen, da sie ja immer wieder mit ihrem Kleinen Samariter und seinem Verhältnis zum Geld in Konflikt geraten. Die Größe dieser Aufgabe zeigt sich auch jetzt wieder einmal in den Diskussionen, die auf Grund der GOT Erhöhung unter den Kollegen geführt werden: Es kommen Argumente wie 1. „Ich kann doch nicht auf einmal alle Preise um 12% erhöhen!“ oder 2. „Wie soll ich das denn umsetzten, ohne dass mir die Tierhalter wegen zu hoher Tierarztkosten davon laufen?“.

Preiserhöhung als Inflationsausgleich

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Antwort auf diese Argumente sehr eindeutig: 1. Alle Praxiskosten steigen kontinuierlich. Zusätzlich gibt  es immer noch eine geringe Inflation. Deshalb steigen auch die Verbraucherpreise kontinuierlich an – auch die Preis für Dienstleistungen. Ein Tierarzt kann innerhalb der Grenzen der GOT seine Preise jährliche um wenige Prozent erhöhen. Die Kollegen, die dies seit 2008 getan haben, sollten jetzt schon mit Ihren Preisen 12 % über dem alten GOT Satz liegen. Für sie gibt es im Moment aus rechtlicher Sicht sowieso keinen Handlungsbedarf.

Kundenbindung ohne Preis

2. In Kleintier- und Pferdebereich werden die Kunden über die Qualität der Medizin und des Umgangs mit Kunden und Tieren gebunden. Wenn Tierbesitzer wegen einer 12% Erhöhung den Tierarzt wechseln, sind diese dem Discount-Segment zuzurechnen. Wollen Sie diese Klientel wirklich dauerhaft an Ihrer Praxis binden? Im Nutztierbereich werden die Grundleistungen laut GOT alle zum 1-fachen Satz abgerechnet. Dem Tierhalter wird hier die Erhöhung auf jeden Fall auffallen. Den Tierarzt wird er nicht wechseln, da die GOT Erhöhung ja für alle Tierärzte rechtlich verbindlich ist – also auch für die vermeintlich billigeren Nachbarkollegen.

Überprüfung Preisgestaltung

Trotz aller scheinbaren Gegenargumente, ist die GOT Erhöhung für alle praktizierenden Tierärzte eine Chance gemeinsam das Preisniveau zu erhöhen.  Jede Praxis hat jetzt die Gelegenheit die eigene Preisgestaltung zu überprüfen und gleichzeitig BWL Fortbildung für den Tierarzt zu fördern. Hier keine kurze Anleitung welche Schritte sinnvoll sind:

 

1. Überprüfung aller GOT-Positionen, ob der neue 1-fache Satz im eigenen Praxisprogramm unterschritten wird. Falls solche Positionen vorhanden sind, werden Sie auf den neuen 1 –fachen Satz erhöht.

2. Im Fall von regelmäßigen (mind. 1 mal pro Jahr) Preiserhöhungen: Einmalige außerordentliche Preiserhöhung aller Gebühren. Der Prozentsatz sollte sich am jetzigen Preisniveau und der letzten regelmäßigen Preiserhöhung orientieren. Je weniger die Preise seit 2008 erhöht wurden, desto größer muss die außerordentliche Preiserhöhung sein. Liegen die vergleichbaren Preise (Impfungen, Kastrationen usw.) schon jetzt deutlich über den Preisen der Nachbarkollegen, werden diese Preise nicht extra erhöht.

3. Zeitgleiche Überprüfung, ob auch alle Positionen des Gebührenverzeichnisses im Alltag verwendet werden. In den meisten Praxen wird aus einem Gewöhnungseffekt heraus meist nur eine kleine sehr eingeschränkte Anzahl der Positionen verwendet. Diese Aufgabe sollte auch später regelmäßig von verschiedenen Teammitgliedern wiederholt werden. Werden GOT- Positionen identifiziert, die bisher nicht abgerechnet worden sind, kann in einer Teambesprechung darüber diskutiert werden.

4. Ein wichtiger Punkt ist hier die genaue praxisinterne Abstimmung, welche Untersuchung und Leistung mit der Position 20 „Allgemeine Untersuchung mit Beratung“ abgedeckt werden und ab wann die Positionen 11 „eingehende Anamneseerhebung oder Beratung“ und A1 „Eingehende Untersuchung, einzelner Organe“ abgerechnet werden. Auch die Zeitgebühr wird in den meisten Praxen zu wenig genutzt.

5. Erstellung einer aktuellen Kostenrechnung und Überprüfung der Untersuchungen und Behandlungen, die mit den neuen Preisen immer noch nicht kostendeckend sind.

6. Ende 2017 Vergleich der eigenen vergleichbaren Preise mit denen der Nachbarkollegen. Sollten Sie unter dem neuen Preisniveau am Markt liegen, ist eine weitere Erhöhung sinnvoll.

 

Die Schritte 1 und 2 sollten auf jeden Fall sofort erfolgen. Die weiteren Schritte können auch noch in den nächsten Wochen durchgeführt werden.

Kontinuierlicher Prozess

Vor dem Hintergrund der niedrigen Vergütung vieler praktizierender Tierärzte sollte die regelmäßige Überarbeitung der Preise der tierärztlichen Leistungen ein kontinuierlicher Prozess sein. Eine Checkliste Preiserhöhung in der Tierarztpraxis unabhängig von der GOT finden Sie hier.

Es lohnt sich

Bei dieser unternehmerischen Aufgabe lohnt sich in jedem Fall der Zeiteinsatz: Für Ihren Geldbeutel, wenn Sie Praxisinhaber sind – Für den Geldbeutel Ihrer Mitarbeiter und angestellten Tierärzte – für die Zukunft unseres Berufstands – und natürlich für die Tiere, die nur auf diesem Weg in Zukunft bei Notfällen noch zeitnah behandelt werden können.

 

1Comment
  • Dr. Stefan Gabriel
    Posted at 09:05h, 07 August

    Wenn Politikern im Vor-Wahlkampf nix mehr einfällt, dann verteilen sie Wahlgeschenke: Wer und warum nun im Referat 325 des Bundesministerium EL die seit Jahren in den Schubladen schlummernden GOT-Entwürfe hervorholte entzieht sich der Öffentlichkeit. Allerdings dürfte man dabei definitiv weniger an die Tierärzteschaft gedacht haben. Die hatte man jahrelang im Unklaren gelassen, ob es überhaupt weiterhin EU-konform eine staatliche Gebührenregelung geben dürfe.
    Doch auf einmal musste alles ganz schnell gehen… Gerade mal 2 Wochen Frist (darin lagen noch Himmelfahrt und Pfingsten!) wurde der BTK und den Landeskammern gesetzt, sich zum unvermittelt vorgelegten Entwurf einer GOT-Novelle zu äußern. Niemand hatte wohl ernsthaft vermutet, dass diese Stellungnahme so schnell tatsächlich zustande kommen könnte. Wie alle inzwischen wissen, hat es die Tierärzteschaft geschafft, trotz der unverschämt kurzen Frist eine einstimmige Ablehnung zu formulieren. Diese Geschichte einer Sturzgeburt und die wohlformulierte Gegenargumentation der BTK ist detailliert nachzulesen unter:
    http://www.wir-sind-tierarzt.de/2017/06/tierarztverbaende-lehnen-got-erhoehung-ab/
    Besonders diejenigen Kollegen, die angesichts des enttäuschenden Ergebnisses erstmal aus alter Gewohnheit auf „die Standesvertreter“ einzuprügeln begannen, sollten das nachlesen! Trotz jahrelanger Verhandlungen in den vergangenen Jahren wurden in keinem einzigen Punkt inhaltliche Verbesserungsvorschläge aufgegriffen oder notwendige neue Positionen ergänzt. Die eigentlichen Hauptanliegen der Tierärzteschaft neben der Erhöhung waren im Ministerium genau bekannt – und wurden völlig ignoriert!
    Irgendwie wird das jedesmal missverstanden mit dem §12 Abs.1 der Bundestierärzteordnung, der die Bundesregierung ermächtigt, eine GOT zu erlassen. Darin steht wörtlich: „Dabei ist den berechtigten Interessen der Tierärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.“ Der BTK-Präsident Prof. Theo Mantel stellte bereits 2012 fest: „Ein berechtigtes Interesse der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten daran, selbst real 2,5 Mal soviel Einkommen zur Verfügung zu haben wie 1971, den Tierärzten jedoch den realen Stand von 1971 zuzumuten, ist nicht zu begründen.“ Die damalige Pauschalerhöhung brachte nicht mal den Inflationsausgle.
    Nun also wieder: keine inhaltliche Änderung, der alte Gaul wurde etwas gestriegelt und den verblüfften Tierärzten mit 12% Pauschalerhöhung als „neu“ verkauft, bzw. geschenkt. Dazu noch die Unterschreitungsoption für die Katzenkastration. Geschenkt ist geschenkt !
    Die Tierärzteschaft hätte ja dringend ein belastbares Vielseitigkeitspferd gebraucht. Stattdessen bekam sie einen alten, lahmen Klepper dahingestellt. Jahrgang 1942 mit original Hakenkreuzbrand. 1988 und 1999 nochmal so gerade durch den TÜV gewunken, äußerlich etwas aufgehübscht, aber eben doch ein altes, nicht mehr zeitgemäßes Wrack.
    Die Unzulänglichkeiten sind aus den Vorgängerversionen ja bestens bekannt: fehlende Positionen, moderne Therapieverfahren fehlen, keine Regelung des Notdienstproblems, nicht mehr zeitgemäße Bewertung der einzelnen Leistungen im Vergleich, kein Ausgleich für den alltäglichen Dokumentationswahnsinn. Zur Frage der Alltagstauglichkeit muss man sich aber vor Augen halten, dass die GOT nie dazu gedacht war, den Tierärzten ein erträgliches Einkommen zu gewähren. Die GOT war seit der Urfassung von 1942 immer ein Instrument zur Limitierung tierärztlicher Gebühren zugunsten der Tierhalter. Ein Tierarztkostenbegrenzungsgesetz !
    Die Steigerungsmöglichkeit nach §2 im Bereich des ein- bis dreifachen Satzes ist zur Bewertung unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade vorgesehen, nicht zum Inflations- und Kostenausgleich. Seit der Abkoppelung der GOT von der allgemeinen Lohnentwicklung 1971 ist aber wirtschaftliches Arbeiten im Bereich des Einfachsatzes nicht mehr möglich.
    Egal zu welchem Satz man nun in der Praxis abrechnet, in jedem Falle muss über die Kostenkontrolle und letztlich über den Stundensatz kontrolliert werden, ob man in seiner Praxis mit den Abrechnungssätzen hinkommt. Da reicht es nicht aus, pauschal den 1,5 oder 1,9-fachen Satz abzurechnen, wenn Arbeitszeit, Praxiskosten und Leistungsaufkommen nicht passen. Wem Betriebswirtschaft überhaupt fremd ist, dem sei hier kurz verraten: 12 % mehr Umsatz bedeutet nicht gleich 12% mehr Gewinn. Bei der durchschnittlichen Umsatzrendite im Bereich von 20 – 25% fressen die gestiegenen Kosten die Mehrumsätze gleich wieder auf. Wer jedoch zuvor schon wirtschaftlich gerechnet hat und nun 12% Umsatzerhöhung on top kassiert, der kann 12% mehr Reingewinn erwirtschaften.
    Das Allerwichtigste ist natürlich, alle erbrachten Leistungen auch aufzulisten und abzurechnen. In allen (!) Praxen wird – aus welchen Gründen auch immer – noch viel Einkommen verschenkt. Dazu sagte Prof. Heinrich Behrens schon im Jahr 1985
    „Wir brauchen keine neue GOT, die Tierärzte müssen nur lernen die bestehende richtig anzuwenden.“
    Kreativer Umgang mit der GOT ist also mehr denn je gefragt. §2 und §7 sollten kein Geheimtipp mehr sein, man lese die Kommentare als Gebrauchsanweisung !
    Die Frage darf nicht lauten: „Wieviel ist der Kunde wohl bereit zu zahlen ?“. Sie muss immer so formuliert werden: „Wieviel muss ich dem Kunden berechnen, damit meine Praxiskosten gedeckt werden und meine Löhne und mein Unternehmergehalt und meine Rente noch übrigbleiben!
    Allen KuK viel Freude bei der neuen „Standortbestimmung „